Gedichte

Fantasie

wer Schmetterlinge hüpfen sieht
und hört ihr leises Lachen
der sieht im Wolkenweiß und Grau
manchmal die wilden Drachen

kann trocken durch das Wasser gehn
auf Regenbögen rutschen
und verreist auch ab und zu
in goldnen Kürbiskutschen

träumt sich aus dem Tag hinaus
in ein Abenteuer
Langeweile kennt er nicht
aber Ungeheuer

kann im Wald die Ameisen
beim Singen gut verstehen
und die Käfer tief im Gras
dazu tanzen sehen

beim Einhornkampf ein Schiedsrichter
ist er schon gewesen
um Mitternacht hat ihm ein Geist
Märchen vorgelesen

die Fantasie ist ein Geschenk
nicht jeder macht es auf
das Leben nimmt nur halb so bunt
für dich dann seinen Lauf

von Ariane Timm ( Anabelle Fury)

Gedichte

Wie kann es sein

wie kann es sein
das mein so liebes und einfaches Kind
ganz schleichend, erst noch unauffällig
dann nicht mehr überseh- und hörbar
zu einem pampigen, schlampigen,
über- und untersensiblen,
völlig vernunftbefreiten
immer rechthabenden
permanent beleidigten
an sich selbst und der Welt zweifelnden
und unendlich zerbrechlichen
Wesen sich wandelt?

es sind wohl nur ein paar Jahre
in denen manche Minute Stunden dauert
Geduld ein Hauptnahrungsmittel ist
Tränen fleißig fließen
jedes Gespräch ein garantiertes Minenfeld ist
Türen trümmern
und Blicke finster funkeln
bis er gegangen ist

der steinige Weg des Erwachsen Werdens

wie kann es sein
das ein geliebter alter Mensch
ganz schleichend, erst noch unauffällig
dann nicht mehr überseh- und hörbar
die Kontrolle über seine Erinnerung
seine Gedanken
die Körperfunktionen
sein Leben verliert?

völlig vernunftbefreit
immer rechthabend
permanent beleidigt
das kommt mir so bekannt vor

aber

diese letzten Jahre
sind unendlich schwerer
mit anzusehen
ein Abschied
mit dem Wissen
diesmal dauert es länger
bis wir uns wiedersehen

wie kann es sein
das beides auf einmal
mein Leben bestimmt

ein Zweifrontenkrieg
und ich
mitten drin
Feuer von allen Seiten

wie lange
meine Schutzschilde
wohl noch halten

von Ariane Timm ( Anabelle Fury)

Gedichte

Gedicht

als Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
aus dem Hirn des Fontane
aufs Papier verschwand
da sprach der Dichter bestimmt:
wunderbar!
endlich
ist mein Kopf wieder klar

denn fällt einem so ein Gedicht
in den Sinn
bekommt man nicht wirklich
den Alltag noch hin
mitten im Satz fängt man glatt an zu Schweifen
und sieht im Geiste die Birnen reifen
die Blätter fallen
die Strecke wallen
auch die Made mit dem Kinde
saß in des Dichters Großhirnrinde

angstgebadet wachst du auf
der nächste Vers nimmt seinen Lauf
du liest ihn durch und denkst
na das
Versmaß hängt
da geht noch was

statt zum Einkaufen zu laufen
ist dir schier nach Haare raufen
will sich Poesie entfalten
kann dich keine Liebste halten

der Gedanke muss aufs Blatt
damit die Seele Ruhe hat
hast lang um den letzten Satz gerungen
kommt er dich plötzlich angesprungen

lässt vorm Altar die Schöne warten
Schatz, ich schrieb grad noch im Garten
doch nun bin ich ganz der deine
bis mir die Muse wieder sticht
direkt in den Kopf
das nächste Gedicht

( du meinst, das die Muse küsst
und nicht sticht?
das sag ich dem Weibe lieber nicht)

von Ariane Timm (Anabelle Fury)

Gedichte

Fledermäuse

es waren einmal zwei Fledermäuse
die tanzten um das
Turmuhrgehäuse

es war des abends so gegen acht
und langsam dämmerte es der Nacht

ich fragte mich
warum tanzen sie da
ist vielleicht grad Sylvester
im Fledermausjahr?

dann war mir
als könnt ich sie lachen hörn
und verstand ihre Stimmen
das kann ich beschwörn

du fragst mich
was haben
die zwei nur gesagt

sie haben sich über mich lustig gemacht
weil ich saß mit dem Handy
und es war schon nach acht

ich saß an der Kirche
zum Pokemon fangen
das kannten die Fledermäuse nicht
ich wollte ihnen das Spiel erklären
da sind sie geflüchtet vorm Licht

und tanzten weiter ums Turmuhrgehäuse
ich bin dann nach Hause gegangen
bei ihrem Gekicher
da kam ich mir blöd vor
sie haben vor Lachen geschielt

das machen sie immer
sehn sie eine Menschin
die im Dunkeln noch Pokemon spielt

von Ariane Timm (Anabelle Fury)

Gedichte

Bauer

wenn du einst ein Bauer warst
dann wurdest du geachtet
und im Land mit Wohlwollen
und Freundlichkeit betrachtet

damals war die Zuckerrübe
Königin der Pflanzen
heute sieht man nur im Wind
die Maisfahnen noch tanzen

dein Hof hat reichlich Geld verdient
manch Mensch Arbeit gegeben
heut bist du froh
wenn deine Frau
noch nebenbei
den Lohn beiträgt zum Leben

eine ganze Familie wurde gebraucht
um den Hof am Laufen zu halten
heut sitzt einer am Schreibtisch
die halbe Zeit
weil wir uns zu Tode verwalten

jetzt hast du als Bauer
kein Ansehen mehr
die Meinung im Lande
macht’s Herz dir schwer

der Wolf wird schöner geredet als ihr
und vom Schächten verliert keiner ein Wort
was ist dieses Land
in heutiger Zeit
für ein zwiegespaltener Ort

Landwirtschaft heißt Industrie
das hat sich gewandelt
die Politik gab euch das vor
und ihr habt gehandelt

viele haben aufgegeben
zogen sich zurück
und finden heute
arbeitstechnisch
anderswo ihr Glück

manches ist sicher besser geworden
die Natur bekommt mehr Gewicht
auch ich war ein Bauer
und musste aufgeben
den Schritt bereue ich
nicht

( nur manchmal,
wenn ich nachts aufwache
und mich frage
was ich im Leben so mache
dann seh ich mich wieder ein Bauer sein
zum Glück schlaf ich meistens
schnell wieder ein)

von Ariane Timm ( Anabelle Fury)

Gedichte

Respekt

Ein Nein war mal ein Nein
kein

warum nicht, och komm schon, das meinst du doch nicht

das merken die Lehrer im Unterricht
alles wird heute ausdiskutiert
bis auch der Letzte die Fassung verliert

ein Schluss jetzt
hat auch noch Luft nach oben
warum müssen wir sitzen
wir wolln lieber toben

uns gar nicht mehr an Regeln halten
Respekt? Das ist doch was für die Alten

das haben wir Eltern gut gemacht
die Kinder auf diesen Weg gebracht

du hast immer Recht und machst alles richtig
auf dieser Welt bist du nur wichtig

meine Eltern haben mir alles erlaubt
sonst hätte ich ihnen die Nerven geraubt

gutes Benehmen ist heute old school
das ist voll von gestern
ich bin lieber cool

zum Glück sind nicht alle Schüler so
das lässt die Lehrer manchmal hoffen
was aus den anderen einmal wird
das lass ich hier wohl besser offen

ich geb dir ’nen Tip, der ist nicht von Pappe
wenn vorn einer Schluss sagt
halt einfach die Klappe
versuch zuzuhören
auch wenn andre stören
stell dir vor ab und zu
der da vorne wärst du…

von Ariane Timm ( Anabelle Fury)

Gedichte

Herbst

Es ist Herbst
die Blätter fallen
doch leider fallen sie nicht weit
statt dessen machen sie sich
vor meiner Tür hier breit

ich bin umzingelt von Linden und Eichen
und alle lassen die Blätter weichen

mein Nachbar grinst von drüben schwer
der Wind stand günstig
da liegt nichts mehr

ihr leisen Blätter
vom Himmel schwebend
ich erwische euch alle
wenn ihr nicht mehr lebend
euch auf die letzte Reise macht
eine Kastanie auf den Kopf mir kracht

wer braucht ein Fitnessstudio?
auch Fegen macht die Muskeln froh

im Herbst da raschelt es überall
bis ein Laubsauger kommt
wie ein Überschallknall

gestern bin ich nach Hause gekommen
und stand vor der Türe ganz benommen
nicht ein einziges Blatt
fröhlich ging ich hinein

was sah ich im dunklen Eingangslicht
da lagen sie alle
das gibts doch nicht
wehe ich krieg
den Dussel zu fassen
der’s gewagt hat
im Herbst
die Tür aufzulassen

von Ariane Timm ( Anabelle Fury)

Gedichte

Sturkopf

wenn ich alt bin, darf ich alles
anderen sagen:
das sie zu dick sind – oder zu dünn
zu viel arbeiten – oder zu faul sind
mit Geld rum werfen – oder geizig sind
nicht auf ihr Aussehen achten -oder nur vorm Spiegel stehen
unsportlich sind- oder nur zum Sport rennen
egal was es ist,
keiner ist richtig
in meinen Augen

von morgens bis abends über Leute lästern
auch wenn sie eben noch bei mir am Tisch gesessen haben

keiner ist vor mir sicher

wer freundlich ist, will nur erben,
Unfreundlichkeit hat keinen Respekt vor dem Alter

alles was ich will, will ich sofort…jetzt gleich
nicht erst wenn jemand Zeit hat
für mich arme Alte hat ja sowieso keiner Zeit
immer soll ich warten, gerade ich,
deren Zeit doch bald um ist

keiner kümmert sich
und wenn doch,
dann ist das jawohl selbstverständlich

immer auf andere angewiesen
selten zufrieden
ungeduldig
alles besser wissend

bis ich alt bin
kann ich noch viel von dir lernen

von Ariane Timm ( Anabelle Fury)

Gedichte, Kinder

Warum

warum ich dir nicht helfen kann?
du siehst doch, das ich spiele, man!
muss nach der Schule mich verschnaufen,
mir die neusten Updates kaufen
bei Splatoon mit Farbe spritzen
in Minecraft meine Schwerter spitzen
gleich ist mein Kumpel auch online
dann steigen wir ins Rennen ein
mit Autos schnelle Bälle jagen
wie oft willst du mich denn fragen?

für abwaschen und Rasen mähn
hab ich leider keine Zeit
Mama, chill doch mal dein Leben
die Arbeit bleibt an dir wohl kleben

Warum schmutzig sind die Socken
im Kühlschrank nur noch Gurken hocken
na, das ist doch völlig klar
Mama spielt jetzt wunderbar
Pokemon und Harry Potter
will sie gut sein, braucht sie Schotter
kauft sich noch ne Box mit Sachen
die den Levelaufstieg machen
wie, du willst jetzt Mittag essen
Kochen hab ich ganz vergessen
Wäsche waschen leider auch
weil ich etwas Zeit noch brauch

einen Tip kann ich dir geben
chill solange mal dein Leben.

Gedichte, Kinder

Der Wind in der Woche

Hoch im Turm läuten die Locken
und mein Schaf trägt heute Glocken
das liegt am Wind, der montags weht
und die ganze Welt verdreht.

Wenn der Igel rückwärts kullert
und mein Hund im Sitzen pullert
liegt’s am Wind, der dienstags weht
und die ganze Welt verdreht.

Das die Vögel unten laufen
und die Kühe Bier verkaufen
liegt am Wind, der mittwochs weht
und die ganze Welt verdreht.

Nur der dumme Donnerstag
ist ein Tag, wie ich ihn mag.
Weil an ihm der Wind nicht weht
und die Welt auch nicht verdreht.

Wenn die Kinderwagen hupen
und im Beet die Schnecken pupen
liegt’s am Wind, der freitags weht
und die ganze Welt verdreht.

Die Oma auf dem Kirchturm steht,
der Wetterhahn den Rasen mäht,
weil samstags dieser Wind auch weht
der die ganze Welt verdreht.

Und wenn ich sonntags früh aufsteh
und freiwillig zur Schule geh
geht das zu weit, das sag ich dir
ich lass mich nicht veräppeln hier
du blöder Wind, gib endlich Ruh
Bettdecke her und Augen zu.

von Ariane Timm ( Anabelle Fury )